Und wieso gibt es überhaupt Polly?
Autoreninterview
Alles fing mit einem Freundebuch an, dass meine Tochter von einer Klassenkameradin bekommen hatte. Da sie als Erstklässlerin noch nicht sicher schreiben konnte, half ich ihr bei den Einträgen. Bei der Frage WAS ICH SPÄTER WERDEN MÖCHTE dachte sie kurz nach und sah mich dann an:
LENI: Mama, wie schreibt man Eisverkäufer?
ICH: (irritiert) Du willst Eisverkäufer werden?
LENI: Eisverkäufer ist ziemlich cool!
Ich zögerte einen Moment und wagte dann den Vorstoß:
ICH: Eisverkäufer ist cool, ja, aber - du könntest ja auch was anderes werden. Was Cooleres! Zum Beispiel. .. Drehbuchautorin! Wie ich!
Meine Tochter sah mich an, als hätte ich ihr gerade einen Teller mit Rosenkohl angeboten.
LENI: Drehbuchautorin?!?
ICH: Du weißt doch, ich bin auch Drehbuchautorin! Das ist ein toller Job! Lustig und so!
Ich sah sie hoffnungsvoll an, aber sie blieb skeptisch.
LENI: Und was machst du so als Drehbuchautorin?
ICH: Ich schreibe witzige Geschichten fürs Kino. Oder fürs Fernsehen.
Meine Tochter dachte nach.
LENI: Hast du „PIPPI LANGSTRUMPF“ geschrieben?
ICH: Nein, aber ein paar andere tolle Filme!
LENI: (skeptisch) Hast du „BIENE MAJA“ geschrieben?
ICH: Auch nicht, aber -
LENI: (ungeduldig) Hast du wenigstens „HEIDI“ geschrieben?
ICH: Nein! Aber ich schreibe Geschichten für ganz viele tolle Leute: Matthias Schweighöfer, Til Schweiger, Veronica Ferres! Das sind echte Filmstars! Du musst schon zugeben, dass das cool ist, oder?
Leni überlegte noch einen Moment und griff dann entschieden zum Stift.
LENI: Also, wie schreibt man jetzt Eisverkäufer?
Von dem Zeitpunkt an wusste ich, dass meine Kinder meinen Job so cool finden wie Steine im Schuh ...
Mütter müssen nicht „cool“ sein, das ist klar. Trotzdem machte mich dieser kleine Wortwechsel nachdenklich: Mit meinen Geschichten bringe ich Tausende Menschen zum Lachen - warum also nicht auch meine Kinder? Und auch wenn ich einen Heidenrespekt davor hatte, mich a) an Prosa und b) an Kinderliteratur zu probieren, stand der Entschluss für mich fest: Ich möchte für Kinder schreiben! Was für eine Geschichte sollte es aber sein? Und vor allem: Kann ich das überhaupt?
Mein erster Versuch an Literatur für Kinder war sehr ungezwungen - und beflügelte mich doch so sehr, dass ich schnell feststellte: Für Kinder schreiben macht Riesenspaß! Meine Tochter bekam das Klassenmaskottchen, einen Plüschtier-Fisch, über die Ferien mit nach Hause. Der Fisch flog mit uns nach Mallorca und wir sollten ein Foto von ihm im Urlaub machen für die Klassengalerie. Statt eines einzelnen Fotos aber schossen wir unzählige tolle Bilder - und irgendwie ergaben die für mich sofort eine lustige Geschichte! Und so gestaltete ich eine ganze Foto-Love-Story über den Fisch, der auf Mallorca endlich schwimmen lernen will, um wie alle anderen Fische zu sein, und sehr, sehr unglücklich ist - bis er merkt, dass er etwas ganz Besonderes ist: ein Trockenschwimmerfisch! An dem Tag, an dem meine Tochter das Buch mitnahm in die Schule, kam sie mit leuchtenden Augen nach Hause. Und seitdem gab es für sie nur noch eine Frage: „Wann schreibst du das nächste Buch für uns?“
Unabhängig von der Bewunderung meiner Töchter war auch meine persönliche Begeisterung geweckt! Obwohl ich seit Jahren Komödien schreibe, habe ich noch nie so viel Grenzenlosigkeit beim Schreiben genossen. Von Anfang an war ich fasziniert von den unzähligen Möglichkeiten, die das Schreiben von Kinderliteratur mit sich bringt, ohne dabei die Verantwortung zu übersehen. Schreiben für Kinder ist keinesfalls leicht! Kinder wollen nicht veräppelt, sondern ernst genommen und intelligent unterhalten werden. Ich glaube, dass Polly Schlottermotz all das kann.
Außerdem kann ja nicht jeder Eisverkäufer werden...